
Das kann schon mal passieren am Gartenhock der Permakultur-Regiogruppe Oberwallis…
Da lädt Ursula German zu einem Besuch in ihrem Garten ein, und man denkt sich: «Ah ja, die haben Mandelbäume, das sehe ich mir mal an.»
Und ja, es gibt sie, diese Mandelbäume, aber schon auf den ersten Blick wird klar, hier schlummert noch so Vieles. Ursula zeigt uns die alten Gebäude, die so einiges zu erzählen haben und ein Bild in unseren Köpfen entstehen lassen, wie hier früher gelebt wurde. Da gibt es den grossen Backofen, «Schür» und Stall, den Spycher und den Stadel. Ursula zeigt uns den Roggen, den sie geerntet hat, und wie der Stadel genau so gebaut wurde, damit das Dreschen einem leicht von der Hand geht. Sie führt uns zum gigantischen Driel, an dessen Drielbaum und Spindel die Jahreszahl 1877 eingeschnitzt ist.
Von Kalk bis Kontiki
Bei unserem Rundgang stellt sich auch heraus, dass Ursula und ihr Mann Stefan sich beim Umbau des Hauses zu kleinen Experten in Baubiologie fortgebildet haben. Die Kalklasagne, der Kalkboden und die Experimente mit Kalk-Kohle-Putz erzählen die Geschichte von einem Umbau, der keinen Abfall produziert und dessen Bauherr und Baudame sich nicht mit der erstbesten Lösung zufriedengeben. Und wenn wir schon mal im Keller sind, gibt uns Ursula, gleich so nebenbei, Auskunft über Pflanzenkohle und was genau bei der Pyrolyse passiert. Sie zeigt uns die verschiedenen Modelle von Pyrolyseöfen und das grosse Kontiki im Garten. Gleich zeigt sich ihr grosses Fachwissen, welches sie auch an Kursen weitergibt.
Gemüsegarten mit Kompost- und Grashaufen
Und dann noch der Garten, der ja nur einen kleinen Teil dessen ausmacht, was Ursula und Stefan hier alles anstellen. Die Tomatenzüchterin gibt uns Einblick in ihren vielfältigen Gemüsegarten, der so viele Trouvaillen für uns bereithält. Da stehen die Kichererbsen und die Sojabohnen, die Erdnüsse, und irgendwo entdecken wir noch Strohblumen, die Ursula für ProSpecieRara vermehrt. Und immer wieder, bei all den Kompost- und den riesigen Grashaufen, ploppt das Thema Effektive Mikroorganismen auf. Stefan scheint sich damit sehr intensiv auseinanderzusetzen und bietet auch Kurse dazu an.
Beim Mittagessen bekommen wir eine Kostprobe all dieser schmackhaften Salate, Tomaten, Kräuter und Beeren, die in diesem wunderbaren Garten so sorgfältig gehegt und gepflegt werden.
Experimente im Agroforst
Und bald schon wird sichtbar, wie gross dieser Weiler «Innerer Milibach» ist. Da gibt es unterhalb der Reben auf den Trockenstein-Terrassen den Agroforst, den Stefan gepflanzt hat, weil das Heuen dieser grossen Wiese sonst so langweilig ist. In der alten Obstbaumanlage stehen Mandelbäume, die Stefan auf eine Weinbergpfirsich-Unterlage veredelt hat, um sie trockenheitsresistenter zu machen, denn hier an einem der trockensten Orte der Schweiz, gibt es nur durchschnittlich 545 mm Niederschlag im Jahr; wenn’s gut geht. Und die Sonne brennt an diesem heissen Sommertag auch erbarmungslos auf uns nieder.
Ursulas Augen fangen an zu leuchten, wenn sie uns den Waldgarten mit den ausgedehnten Gemüsebeeten zeigt und uns erzählt, wie sie mit ihrer genauen Beobachtungsgabe herausfindet, wie das Zusammenspiel des Gemüses und der Bäume funktionieren könnte, wie sich das Süssholz in Schach halten lässt und ob die Fingerhirse hier oben ein Zuhause finden könnte. Und zwischen den Beeten immer wieder kleine Baumschulen.
Und endlich, neben dem Haselhain stehen sie, die Mandelbäume, und entführen uns zusammen mit dem betörenden Geruch der vielen Lavendelbüsche in mediterrane Gefilde.
Wir haben in einer rasanten Reise durch die Zeit diesen Wiler entdeckt, und überall wird sichtbar, wie das Interesse, die Verbindung mit diesem Ort, die Sorgfalt und die Experimentierfreude von Ursula und Stefan diese Landschaft so vielfältig gestalten. Und so bin ich mit der Vorstellung von ein paar Mandelbäumen losgezogen und mit einer Wundertüte von Überraschungen und Inspirationen nach Hause gekommen.
… das kann schon mal passieren an einem Gartenhock der Permakultur-Regiogruppe Oberwallis.